Es gibt diesen Begriff, der seit einiger Zeit in sozialen Medien und Gesprächen immer wieder auftaucht: „Beige Moms“. Vielleicht hast du ihn auch schon gehört oder gelesen. Für alle, die nicht so tief drinstecken: Beige Moms sind quasi die Mütter, die alles ganz normal machen. Sie sind weder super hip, wie meine Mutter sagen würde, noch extrem altmodisch, sie gehen keinen mega ausgefallenen Trends hinterher, sondern kleiden ihre Kinder meistens in neutralen, unauffälligen Farben, oft eben Beige, Weiß, Grau. Sie setzen auf Sicherheit und Routine, nicht auf große Abenteuer oder provokante Statements. Ihre Kinder essen meistens gesund, aber nicht bio wie bei „Öko-Mutti‘s“, und die ganze Familie lebt irgendwie im Wohlfühl-Modus, ohne viel Aufregung oder Drama. Dennoch, wenig Farbe ist oft dann auch noch mit Minimalismus verbunden.
Auf den ersten Blick klingt das ja ganz nett. Warum sollte man dagegen sein, wenn Mütter sich einfach für einen ruhigen, bodenständigen Lifestyle entscheiden und weniger Farben im Alltag haben? Aber wenn ich ehrlich bin, und das möchte ich hier mal ganz offen sagen, glaube ich, dass dieser Trend der „Beige Moms“ am Ende gar nicht so gut ist, wie viele es darstellen. Ganz im Gegenteil. Irgendwie fühlt sich das alles so an, als würden wir damit ein bisschen die Kreativität, die Individualität und sogar den Mut verkümmern lassen. Und das finde ich ziemlich schade. Denn Leben verliert dadurch immer mehr Farbe und es ist auch nicht unbedingt so fördernd, weil die Individualität einschränkt und irgendwie ein Gegensatz zu den 70ern ist.
Ich will versuchen, das zu erklären, ohne die Beige Moms zu verurteilen, sondern eher darzustellen, wieso ich es nicht nachvollziehen kann. Es geht mir eher darum, dass ich mir wünsche, wir würden mehr Raum für Vielfalt, für Fehler, für bunte Experimente und eben auch für das Unbequeme zulassen, denn wir Menschen sind keine Maschinen und die sozialen Medien vermitteln ein falsches Bild über das Leben. Denn genau das fehlt mir bei diesem ganzen „Beige-Moms-Hype“. Und genau deshalb finde ich, dass es am Ende eben nicht so gut ist, wie alle denken, da die Individualität eingeschränkt ist.
Was sind eigentlich Beige Moms genau?
Beginnen wir ganz vorne. Was genau sind Beige Moms? Der Begriff ist eigentlich eine Art Schublade, eine Kategorie, die Menschen benutzen, um einen bestimmten Typ Mutter zu beschreiben (die meisten würden sich selbst nicht so betitelten, dies kommt eher von außen). Sie tragen, wenn man auf das Klischee schaut, oft Kleidung in neutralen Farben, ihre Wohnungen sehen clean und minimalistisch aus, keine Krimskrams etc., und sie setzen nicht unbedingt auf ausgefallene Marken oder auffällige Mode. Ihre Kinder bekommen keine Superfoods, sondern „normales“ Essen, meistens ohne viel Aufhebens. Ihr Alltag dreht sich um Beruf, Freizeit und vielleicht ein bisschen Yoga, aber meist keine wilden Aktionen oder extreme Freizeitbeschäftigungen, wie z.B. Leistungssport.
Beige Moms gelten als zuverlässig, konservativ… und oft auch ein bisschen langweilig. Sie sind nicht die, die am Elternabend die lautesten Stimmen haben, nicht die, die radikale Erziehungsmodelle propagieren oder ständig die neuesten Trends testen (wenn es um minimalistisch geht). Sie sind eher die, die auf Nummer sicher gehen und das machen, was alle machen, eben „beige“. Und genau hier fängt für mich das Problem an.
Warum Beige Moms so beliebt sind?
Auf der anderen Seite kann ich natürlich verstehen, warum Beige Moms so beliebt sind und warum viele Mütter sich mit diesem Stil identifizieren. Gerade in einer Welt, die manchmal so schnelllebig, unübersichtlich und vor allem chaotisch ist, wünschen sich viele Menschen einfach einen sicheren Hafen, quasi eine Art Rückzugsort. Routine, Stabilität und Verlässlichkeit sind nicht zu unterschätzen. Gerade wenn man Kinder hat, möchte man oft nicht dauernd experimentieren, weil das Stress bedeutet und nicht unbedingt das Beste für das Kindeswohls ist (dies ist, aber Auslegungssache). Viele Eltern wollen ihre Kinder vor Risiken schützen und ihnen eine „normale“ Kindheit ermöglichen, was total verständlich ist, denn wer will es nicht? Jeder will Sicherheit.
Außerdem werden Beige Moms oft als „cool“ oder „modern“ dargestellt, weil Minimalismus gerade total angesagt ist, auch wenn es dennoch viel Kritik gegenüber Beige Moms gibt. Man spricht viel darüber, weniger zu konsumieren, auf Qualität statt Quantität zu achten und bewusster zu leben, was meines Erachtens nach noch logisch ist. Da passt das Bild der „Beige Mom“ perfekt ins Bild. Nicht zu auffällig, nicht zu extravagant, sondern eben schlicht, clean und elegant. Eben minimalistisch.
Warum das Ganze trotzdem gefährlich ist
Aber genau hier sehe ich das große Problem. Denn diese vermeintliche Sicherheit und Normalität hat auch eine Kehrseite. Sie kann dazu führen, dass wir zu viel Angst davor bekommen, Fehler zu machen, anders zu sein oder Risiken einzugehen. Fehler sind menschlich! Anders sein ist normal, man sollte sich niemals anpassen! Ohne Risken kann man auch nie erfolgreich sein und selbst wenn ein Fehlschlag eintritt, lernt man dadurch! Und gerade bei der Erziehung finde ich, dass Fehler machen extrem wichtig ist (Beachte: NICHT IM SINNE, DASS ES DAS KINDESWOHL GEFÄHREDET). Nur so lernt man. Nur so wachsen Kinder wirklich. Wenn alles immer perfekt geplant, minimalistisch und neutral ist, bleibt irgendwann wenig Raum für Kreativität, für Abenteuer und vor allem für Individualität… denn jeder Gegenstand hat quasi seinen perfekten Platz. Kinder sollten Fehler machen (natürlich keine, die dem Kindern auf Dauer Schaden), denn Eltern sind zum Anleiten da. Wenn man als Kind mal einen Fehler gemacht hat, lernt man dadurch, was dazu führt, dass man es nicht nochmal macht. Klar kann man das Kind darauf trainieren, keine Fehler zu machen. Dennoch ist es besser, eigene Erfahrungen zu machen.
Kinder, die ständig in einem „beigen“ Umfeld aufwachsen, in dem alles immer ruhig, ordentlich und unaufgeregt ist, verpassen vielleicht diese spannenden Momente, in denen sie sich ausprobieren, ihre Kreativität nutzen, Fehler machen und daraus lernen können. Manchmal brauchen Kinder Chaos, Krach, bunte Farben und wildes Durcheinander, um sich selbst zu finden und zu verstehen, wie die Welt funktioniert. Ich glaube, wenn wir uns zu sehr an diesen „Beige Moms“ orientieren, verlieren wir einen wichtigen Teil von uns selbst, nämlich die Freiheit, anders zu sein, laut zu sein, unperfekt zu sein.
Der Druck auf Mütter… auch eine Folge von „Beige Mom“-Idealen
Außerdem hat der „Beige Mom“-Trend auch eine ganz fiese Schattenseite für die Mütter selbst. Weil das Bild so einseitig ist, setzen sich viele Mütter extrem unter Druck, diesem Ideal zu entsprechen. Sie denken, sie müssten neutral, perfekt organisiert, ruhig und unauffällig sein, um als gute Mutter dazustehen. Das erzeugt Stress und Unsicherheit, besonders, weil es eben nur eine Möglichkeit von vielen zeigt.
Mütter die eher bunt, laut oder unkonventionell sind, fühlen sich schnell ausgeschlossen oder nicht richtig verstanden. Dabei ist Erziehung doch so individuell wie die Kinder selbst! Es kann nicht die eine richtige Art geben, und diese „beige“ Norm schränkt eben ein, statt zu befreien. Konkurrenzkampf schert nur Hass.
Was wäre eine bessere Alternative?
Was ich mir stattdessen wünsche? Mehr Mut zu Vielfalt! Mehr Offenheit für verschiedene Lebensentwürfe und Erziehungsstile. Mehr Raum für Fehler und Unperfektheit. Und vor allem: weniger Angst vor dem Anderssein. Jeder Mensch ist individuell.
Kinder sollten die Möglichkeit haben, in einer Welt aufzuwachsen, die nicht nur beige ist, sondern auch rot, blau, grün oder knallbunt. Farben sind wichtig fürs Lernen der Kinder. Sie sollten erleben dürfen, dass es okay ist, laut zu sein, mal zu weinen, mal total anders zu denken als die Mehrheit. Denn genau daraus entsteht die echte Persönlichkeit. Nicht eine Persönlichkeit, die zum „People Pleaser“ wird und alles erfüllen muss, was andere von einem erwarten.
Und Mütter? Die sollten nicht in ein enges Korsett aus Erwartungen und Normen gepresst werden, sondern sich frei fühlen dürfen und freuen über die kleinen Fehler, die chaotischen Momente und das bunte Durcheinander, das zum Leben dazugehört.
Warum ich denke, dass Beige Moms am Ende so gar nicht gut sind?
Deshalb glaube ich, dass dieser ganze „Beige-Mom-Hype“ am Ende eben doch nicht so gut ist, wie viele sagen. Er vermittelt zwar Sicherheit und Ordnung, zumindest im Schein, aber auf Kosten von Kreativität, Individualität und Freiheit!!! Er schränkt Mütter und Kinder ein und setzt alle unter Druck, einem einzigen Ideal zu entsprechen. Es ist okay, sich hin und wieder nach Ruhe und Ordnung zu sehnen. Aber das darf nicht dazu führen, dass wir das Bunte, das Unordentliche, das Unperfekte verteufeln. Denn genau diese Dinge machen das Leben lebendig und spannend.
Am Ende hoffe ich einfach, dass wir uns nicht alle in diesem „Beige“ verlieren, auch wenn es eine schöne Farbe sein kann. Sondern, dass wir wieder mehr Mut haben, Farbe anzuerkennen, auch wenn das mal chaotisch oder unbequem ist. Denn nur so kann das Leben wirklich bunt und schön sein.
Bildquelle: www.freepik.com
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