Nach drei langen Jahren Entwicklung veröffentlicht Ubisoft das nächste und damit sechste Anno-Spiel. Anno-Fans hatten natürlich gewisse Erwartungen an die Entwickler von Blue Byte Mainz (ehemals Related Designs) und versuchten entsprechend, möglichst viele Einblicke in das neue Anno auf der gamescom zu erhaschen. Auch ich habe mich pflichtbewusst aufgemacht, das neue Anno zu erkunden und konnte dabei Gameplayerfahrungen sowie exklusive Informationen der Entwickler sammeln.
Alles neu, aber trotzdem noch Anno! So ungefähr lässt sich das Fazit der Entwickler über die „neue“ Thematik in Anno zusammenfassen. Grundlegende Veränderung dabei sei das neue Kampfsystem, welches laut Community ohnehin nie eine große Rolle in Anno gespielt haben soll. Dementsprechend wird dieses Kampfsystem von nun an nur noch separat und damit komplett optional angeboten. Wer also nicht kämpfen will, der wird auch keinen Ärger mit anderen Computergegnern bekommen. Falls doch, wählt man einzelne Missionen aus, die auf anderen Inselwelten stattfinden und damit keinen Einfluss auf die eigene haben.
Außerdem soll das neue Wirtschafts- und Logistikprinzip revolutionär sein. Statt, wie früher, die Versorgung von Produktionen lediglich durch Straßen zu sichern und bei anderen Bedürfnissen schlicht weiter zu expandieren bis diese erfüllt sind, soll man nun sparsam und effizient denken. Um zum Beispiel ein Wohnhaus in der neuen und grafisch sehr schönen Arktiswelt richtig zu versorgen, sollte es neben der Nahrungsmittelversorgung auch genug Strom und – besonders wichtig – Wärme in der Gegend geben. Anstelle von zwei weiteren teuren und umweltunfreundlichen Kohlekraftwerken, gibt es nun die Option, speziell orientierte Erweiterungen für jedes Gebäude zu errichten, die platzsparender und günstiger agieren.
Das Wirtschaftssystem wurde, wie gesagt, ebenfalls gänzlich erneuert da die Steuerschraube nicht mehr eine so große Rolle spielt. Im Gegensatz zum früheren Ziel, eine hohe Population mit hohen Steuereinnahmen zu sichern, zielt man nun auf die Sicherung von seltenen, teuren und für den Technikbereich sehr nützlichen Ressourcen, wie sie etwa auf dem -ebenfalls hoch gepriesenen – Mond zu finden sind, der jetzt Reise- und Siedlungsziel geworden ist.
Dem Spieler werden also an vielen Stellen ganz neue Hürden gestellt die das Spielerlebnis selber abwechslungsreicher gestalten sollen. Wer jetzt vor all diesen neuen Features zurückschreckt, den sollte die Verarbeitung dieser Features in der Spieloberfläche direkt wieder beruhigen. Während 20 Minuten Gameplay konnte ich persönlich keine direkte Überforderung für mich oder irgendeinen anderen Strategiespielfreund sehen. Wer Anno vorher kannte, wird viele Werte wiedererkennen. Letztendlich sind die meisten dieser Features, so wie das Kampfsystem, größtenteils optional. Wer also nicht die neueste Staudammtechnik umsetzen will und lieber auf Kohlekraft setzt, der kann dies tun.
Des Weiteren haben manche Features das Gameplay sogar stark vereinfacht. So gibt es etwa eine Echtzeitübersicht über alle Warenproduktionen und darüber, inwiefern diese Bilanz zu niedrig oder zu hoch ist.
Eine andere große und von der Fangemeinde erhoffte Veränderung ist die Möglichkeit, nun mehrere Welten gleichzeitig zu spielen und auch jeweils über Handel interagieren zu lassen. So lassen sich nun nicht einzelne Inseln sondern ganze Inselwelten auf einzelne Bereiche spezialisieren. Spielt man eine seiner bereits besiedelten Welten, so laufen alle anderen Welten und die damit verbundenen Produktionsstätten in Echtzeit weiter. Und all dies OFFLINE, wenn man denn möchte. Definitiv eine Weiterentwicklung, die großes Aufatmen bei den Spielern bewirkte. Nicht wenige kennen schließlich den Frust, wenn ein Speicherstand, exemplarisch etwa bei Simcity 5, irgendwo in den Tiefen eines überlasteten Servers verschwindet und damit Stunden von Arbeit zunichte gemacht werden.
Allerdings müssen Anno-Spieler aktuell noch auf den Multiplayer verzichten. Dieser könnte aber in einem versprochenen Add-on für das Spiel noch kommen.
Neben den spielerischen Eigenschaften hat Blue Byte Mainz auch noch die gesamte Grafikengine überarbeitet. Eine neue Renderingtechnik soll nun z.B. noch bessere Leistung bei geringeren Hardwareanforderungen zeigen. Auffällig ist auch die Wahl der Farben beim neuen Anno im Gegensatz zum Vorgänger: Weg vom grau-düsteren, hin zu strahlend himmelblauen und bunten Inselwelten, deren Gebäude laut Entwickler nirgends identisch seien.
Mein abschließendes Fazit fällt damit relativ positiv aus. Wer vorher schon Anno gemocht hat, soll es mit diesem Teil auf jeden Fall nochmal versuchen und auch diejenigen, die noch keine Erfahrung mit dem Aufbaustrategiespiel haben, werden schon frühzeitig von dem Spiel an die Hand genommen und zügig eingeführt. Manche Bedenken bei der Fangemeinde, dass das futuristische Zeitalter nicht so richtig zum Spiel passt, werden zwar fortbestehen, aber am Beispiel von Anno 2070 lassen sie sich eigentlich nicht festmachen. Noch bis zum 13. November, wenn das Spiel auf den Markt gebracht wird, kann die Fangemeinde sich also weiterhin solche Fragen stellen und dann im November selbst nachschauen.
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