Meine Tortur mit der Deutschen Bahn: Als Rollstuhlfahrer im Abseits

Meine Reise mit der Deutschen Bahn beginnt oft schon vor dem eigentlichen Einsteigen – nämlich mit der quälenden Frage: Ist der Aufzug am Bahnhof überhaupt funktionsfähig? Was für nicht-behinderte Menschen eine Selbstverständlichkeit ist, wird für mich als Rollstuhlfahrer zum unkalkulierbaren Risiko. Unzählige Male stand ich schon vor defekten Aufzügen, hilflos und frustriert. Die lapidaren Durchsagen, die auf technische Störungen hinweisen, sind für mich mehr als nur eine Unannehmlichkeit – sie bedeuten den Ausschluss von Mobilität, verpasste Termine, und im schlimmsten Fall, stundenlanges Warten auf irgendeine Form von Hilfe.

Die bittere Realität der Barrieren

Ich erinnere mich an eine besonders demütigende Situation am Münchner Hauptbahnhof. Der Aufzug zu Gleis 7 war seit Tagen außer Betrieb, wie ein kleines, unscheinbares Schild verkündete. Keine alternative Beförderungsmöglichkeit war ausgewiesen oder organisiert. Alleingelassen inmitten des geschäftigen Treibens fühlte ich mich wie ein Mensch zweiter Klasse. Nach endlosen Telefonaten mit der Mobilitätsservice-Zentrale, die sich als wenig hilfreich erwies, musste ich schließlich eine teure Taxifahrt in Kauf nehmen, um mein Ziel doch noch irgendwie zu erreichen. Die Kosten dafür – ein Hohn angesichts der Tatsache, dass ich eigentlich ein gültiges Bahnticket besaß.

Diese Erfahrung ist leider kein Einzelfall. Immer wieder sind es die scheinbar kleinen Dinge, die eine Reise für Rollstuhlfahrer zur Tortur machen: fehlende oder zu schmale Rampen, unübersichtliche Beschilderungen, Bahnsteige ohne taktiles Leitsystem für sehbehinderte Menschen, und nicht zuletzt das oft desinteressierte oder ungeschulte Personal. Manchmal hat man das Gefühl, als würde man als Rollstuhlfahrer schlichtweg übersehen oder als lästiges Hindernis betrachtet.

Die viel beschworene Inklusion und Barrierefreiheit der Deutschen Bahn – in meiner Realität sieht sie anders aus. Statt selbstbestimmt reisen zu können, bin ich oft auf die Gnade und Hilfsbereitschaft anderer angewiesen. Ein Zustand, der im 21. Jahrhundert schlichtweg unakzeptabel ist.

Das Auf und Ab der Aufzüge – Ein endloses Ärgernis

Die Aufzüge an den Bahnhöfen sind das Nadelöhr für barrierefreies Reisen mit der Deutschen Bahn. Ihre Zuverlässigkeit gleicht jedoch oft einem Glücksspiel. Mal funktionieren sie, mal nicht. Eine transparente und aktuelle Information über den Zustand der Aufzüge? Fehlanzeige. Oft erfährt man erst vor Ort von der Misere, wenn man bereits mühsam zum Bahnsteig gelangt ist – nur um dann vor einer verschlossenen Tür zu stehen.

Die Kommunikation seitens der Deutschen Bahn ist in diesen Fällen oft mangelhaft. Informationen über Ausfälle sind entweder gar nicht vorhanden, veraltet oder schwer auffindbar. Eine proaktive Information der Reisenden mit Behinderung? Selten. Stattdessen wird man mit Standardfloskeln abgespeist oder an inkompetente Stellen verwiesen.

Das Problem beschränkt sich nicht nur auf defekte Aufzüge. Oft sind die vorhandenen Aufzüge zu klein für größere Elektrorollstühle oder weisen technische Mängel auf, die die Nutzung erschweren oder gar unmöglich machen. Enge Kabinen, schwergängige Knöpfe oder unebene Böden sind nur einige Beispiele.

Auch die Wartezeiten auf die Reparatur defekter Aufzüge sind oft unzumutbar lang. Wochen oder gar Monate können vergehen, bis ein wichtiger Zugang wiederhergestellt ist. In dieser Zeit sind ganze Bahnhöfe oder zumindest einzelne Gleise für Rollstuhlfahrer faktisch unbenutzbar. Dies schränkt nicht nur die Mobilität ein, sondern auch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Spontane Besuche bei Freunden oder Familie, Arzttermine oder kulturelle Veranstaltungen werden so zu logistischen Meisterleistungen oder sind schlichtweg unmöglich.

Die Deutsche Bahn beteuert zwar immer wieder ihre Bemühungen um Barrierefreiheit, doch die Realität sieht anders aus. Solange die Aufzüge nicht zuverlässig funktionieren und die Information darüber mangelhaft bleibt, sind diese Bemühungen für mich und viele andere Rollstuhlfahrer reine Lippenbekenntnisse.

Obwohl die Deutsche Bahn eine Verfügbarkeit von 98,3 % angibt, erlebe ich regelmäßig das Gegenteil. Auch die SZ berichtet. Etwa jede sechste Station der Münchner S-Bahn ist nicht stufenfrei erreichbar. Hinzu kommt, dass laut BR Data jeden Tag rund 179 Aufzüge an deutschen Bahnhöfen ausfallen. Reparaturarbeiten können sich dann ewig ziehen. Zudem werden viele Aufzüge häufig als Toilette verwendet.

Generiert mit Ideogram.AI übertriebene Darstellung

Forderungen nach Veränderung – Für eine inklusive Mobilität

Meine Erfahrungen mit der Deutschen Bahn sind frustrierend und demütigend. Sie zeigen deutlich, dass es im Bereich der Barrierefreiheit noch immense Defizite gibt. Es ist höchste Zeit, dass die Deutsche Bahn ihre Verantwortung ernst nimmt und endlich konsequente Maßnahmen ergreift, um eine inklusive Mobilität für alle zu gewährleisten.

Dazu gehören für mich folgende Punkte:

  • Zuverlässige und funktionierende Aufzüge: Die Instandhaltung und Modernisierung der Aufzugsanlagen muss oberste Priorität haben. Regelmäßige Wartungen und schnelle Reparaturen sind unerlässlich.
  • Transparente und aktuelle Information: Der Zustand aller Aufzüge muss in Echtzeit über verschiedene Kanäle (Website, App, Anzeigen an den Bahnhöfen) abrufbar sein. Bei Ausfällen müssen umgehend alternative Beförderungsmöglichkeiten organisiert und klar kommuniziert werden.
  • Geschultes und sensibilisiertes Personal: Alle Mitarbeiter der Deutschen Bahn müssen im Umgang mit Menschen mit Behinderung geschult sein und in der Lage sein, kompetente Hilfe und Unterstützung zu leisten.
  • Barrierefreie Infrastruktur: Neben funktionierenden Aufzügen sind auch ausreichend breite Rampen, taktile Leitsysteme, barrierefreie Toiletten und ausreichend Platz in den Zügen für Rollstühle notwendig.
  • Einheitliche Standards: Es braucht bundesweite, verbindliche Standards für Barrierefreiheit an Bahnhöfen und in Zügen, um Flickenteppiche und unnötige Hürden zu vermeiden.
  • Bessere Beschwerdemöglichkeiten und Konsequenzen: Beschwerden von Menschen mit Behinderung müssen ernst genommen und konsequent bearbeitet werden. Bei wiederholten Versäumnissen müssen spürbare Konsequenzen folgen.

Ich wünsche mir eine Zukunft, in der das Reisen mit der Deutschen Bahn für Menschen mit Behinderung genauso selbstverständlich und unkompliziert ist wie für alle anderen. Eine Zukunft, in der ich nicht mehr mit Angst und Ungewissheit vor defekten Aufzügen stehe, sondern mich auf eine entspannte und barrierefreie Reise verlassen kann. Die Deutsche Bahn hat noch einen langen Weg vor sich, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Es ist an der Zeit, dass sie endlich handelt – im Sinne einer wirklich inklusiven Gesellschaft.