Erinnerst du dich noch an den Moment, als du zum ersten Mal in The Legend of Zelda: Ocarina of Time Hyrule betratst? Oder als Mass Effect 2 dich emotional gebrochen hat, weil jemand aus deinem Team nicht überlebt hat? Genau diese Magie scheint heute seltener geworden zu sein. Viele Spieler*innen haben das Gefühl, dass Spiele in den letzten Jahren weniger glänzen. Zynisch gesagt sind sie in einem Zustand erschienen, der wie ausgekotzt wirkt.
Und es ist kein bloßes Bauchgefühl. Plattformen wie TrueAchievements zeigen, dass zwar einige Spiele herausragen wie Leuchttürme in einem Sturm, der Großteil jedoch irgendwo zwischen „meh“ und „was zur Hölle ist das?“ schwankt.
Seit 2014 hat sich die Zahl der veröffentlichten Spiele um über 60% erhöht. Eine riesige Menge, die sich wie ein Tsunami auf die Plattformen ergießt. Einerseits wunderbar, denn es bietet mehr kreative Möglichkeiten und Zugänge für Indie-Entwickler. Andererseits ermöglicht es diese Offenheit auch, dass es Spiele mit einer niedrigeren Qualität auf den Markt schaffen. So steigt die Rate der Spiele, die man sich nur 5 Minuten anschaut und die danach nie wieder einen Blick würdig sind.
Unter all diesen Spielen stecken viele, die eher einem Beta-Test ähneln als einem fertigen Spiel. Und du bist der Beta-Tester? Gratis? Pff… Du zahlst 79,99 € dafür.
AAA-Games, die Goldverpackung mit dem MHD von gestern
Die große AAA-Welt, in der Millionen fließen, hat ihre Leichen im Keller. Cyberpunk 2077 ist jetzt ein Meisterwerk, aber 2020? Eine Day-One-Katastrophe mit Abstürzen, Glitches, tanzenden Autos und NPCs mit so viel Persönlichkeit wie einem Toastbrot.
Warum passiert das? Ganz einfach: Crunch und der unaufhörliche Druck von Publishern und Investoren. Entwickler*innen werden monatelang, teils jahrelang, in ungesunden Überstundenzyklen verheizt. Und wenn dann das Produkt nicht pünktlich rauskommt heißt es: „Wir patchen das später.“ Wobei „Später“ manchmal nie heißt. Das beste Beispiel für Crunch? Anthem. Entwickler*innen berichteten von Panikattacken, realer psychischer Belastung und das alles für ein Spiel, das beim Launch mehr Bugs als Gameplay hatte.
Und wenn du dann denkst, das Spiel wäre fertig, kommt der Ingame-Shop und für nur 3,99€ kannst du dir eine neue Frisur kaufen. Danke! Ich wollte schon immer 4€ für einen Haarschnitt im Spiel bezahlen. Lootboxen, Mikrotransaktionen, Battle Passes oder „Pay-to-Win“-Mechaniken, all das drängt sich in moderne Spiele wie eine betrunkene Polonaise auf einer Party, auf die du gar nicht wolltest. Besonders bitter, wenn Grundfunktionen hinter einer Paywall stecken. Ein gutes Beispiel dagegen? The Witcher 3 – ein riesiges, episches RPG ohne Mikrotransaktionen. Und wenn es DLCs gab, waren sie verdammt gut und den Preis wert. So geht’s auch.
Fortsetzung folgt und folgt
Egal ob Call of Duty 26 oder Assassin’s Creed 14, jetzt mit noch mehr Parkour. Das Risiko, ein neues Spielkonzept zu wagen, ist einfach zu hoch geworden. Die Kosten sind enorm, der Druck gewaltig. Also wird recycelt, recycelt und remastered. Ironischerweise sind es die kleinen Studios, die sich trauen: Hades, Celeste oder Return of the Obra Dinn sind beispielsweise alles kreative, emotionale und einzigartige Spiele. Klar, nicht jedes Indie-Spiel ist ein Hit, aber zumindest versuchen sie noch, Geschichten zu erzählen, statt nur die Brieftasche zu melken.
Ein weiteres Kapitel in der Saga der Enttäuschungen ist die Technik. Spiele wie Fallout 76 oder No Man’s Sky haben gezeigt, dass Hype ohne Substanz böse enden kann. Abstürze, leere Welten, versprochene Features, die fehlen. Und dann die berühmten „Roadmaps“, auf denen oft mehr gestrichen wird als umgesetzt. Aber nicht nur Technik ist ein Problem, auch die Kultur verändert sich. Live-Service-Games, bei denen du täglich grinden musst, um nicht den Anschluss zu verlieren. Ständiger Druck, nichts zu verpassen. „Gaming soll Spaß machen“, sagen sie. Aber manchmal fühlt es sich an wie ein zweiter Job ohne Urlaub und mit Skins als Währung. Mehr Leute, mehr Meinungen, mehr Enttäuschungen. Denn je größer das Publikum, desto schwieriger wird es, es allen recht zu machen.
Unser Fazit
Die sinkende Qualität in der Gaming-Welt ist kein Mythos, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels aus Publishern, die Geld vor Gameplay stellen, Entwicklern, die unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten, Spieler*innen, die durch Social Media schnell frustriert oder gehypt werden und einer Kultur, die sich ständig wandelt.
Aber es gibt noch Lichtblicke: Baldur’s Gate 3, Elden Ring oder Disco Elysium. Spiele, bei denen Herz, Innovation und Qualität im Vordergrund stehen. Es sind nicht viele, aber sie erinnern uns daran, warum wir dieses Medium lieben.
Bildquelle: freepik.com
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