Ich bin kein Killer, nur weil ich gerne Shooter spielen

Quelle: https://gamesucht.com/machen-videospiele-aggressiv/

Die Debatte um Shooter (Killerspiele) und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft ist ein leidiges Thema, das immer wieder aufkommt. Meistens befeuert durch tragische Ereignisse, werden Videospiele von so manchem pauschal als Sündenbock für Gewaltbereitschaft und Amokläufe herangezogen. Doch diese Argumentation ist zu einfach und greift zu kurz.

Ich spiele schon seit Jahren Shooter und bin trotzdem ein netter, friedvoller Mensch geblieben. Und trotz meiner vielen Stunden vor dem Bildschirm mit virtueller Waffe in der Hand, weiß ich dennoch nicht mehr darüber, wie man eine Waffe bedient, als andere, die statt zu zocken lieber lesen. Auch hat mich das Spielen gegenüber Gewalt nicht desensibilisiert oder gar zum Nachahmen angeregt.

Amoklauf – “die Ballerspiele sind schuld”

Die Medien und die Politik behaupten immer wieder, dass Ego-Shooter für die tragischen Amokläufe verantwortlich sind, die wir in den letzten Jahren in den USA, aber auch hier in Europa erleben mussten. Das ist mir (aber auch vielen Psychologen und anderen Experten) zu einfach und zu kurz gedacht. Als passionierter Gamer finde ich es sogar regelrecht unfair, weil ich mich mit an den Pranger gestellt fühle. Heute möchte ich dazu einmal meine Gedanken mit euch teilen, damit ihr als Nicht-Gamer vielleicht besser versteht, was den Reiz dieser Spiele überhaupt ausmacht und warum viele Gamer gerne so viel Zeit mit dem Controller in der Hand verbringen.

Die Gleichung „Killerspiel-Spieler gleich Killer“ geht nicht auf – auch wenn das für die Politik schön einfach wäre. Die meisten Gamer, die Shooter spielen, sind friedliche und gesetzestreue Bürger. Sie genießen den Nervenkitzel und die Herausforderung dieser Spiele, ohne dass dies negative Auswirkungen auf ihr Verhalten in der realen Welt hat.

Wissenschaftliche Studien liefern keine eindeutigen Beweise

Die wissenschaftliche Forschung zu den Auswirkungen von Ego-Shootern auf Gewaltbereitschaft ist uneinheitlich. Einige Studien deuten auf einen möglichen Zusammenhang hin, während andere keine signifikanten Effekte finden. Es ist daher wichtig, die Ergebnisse dieser Studien mit Vorsicht zu interpretieren und genau anzusehen, wie valide die Ergebnisse sind.

https://elifesciences.org/articles/84951

Machen Videospiele aggressiv?

Millionen spielen Shooter, ohne Amok zu laufen, so wie ich

Es ist wichtig zu beachten, dass die überwiegende Mehrheit der Spieler keine Amokläufe begeht. Shooter sind eine beliebte Freizeitbeschäftigung mit Millionen von Spielern weltweit. Die meisten Spieler können diese Spiele genießen, ohne dass es negative Auswirkungen auf ihr Verhalten hat.

Ego-Shooter als Ventil

Für viele Spieler*innen dienen Shooter als Ventil, um angestaute Aggressionen und Frustrationen in einem sicheren und kontrollierten Umfeld abzubauen. In der realen Welt hingegen gibt es für diese Emotionen oft keine Möglichkeit, auf gesunde Weise kanalisiert zu werden. Es gibt viele andere Freizeitbeschäftigungen, die genauso „gewalttätig“ sind wie Shooter, z.B. Actionfilme oder Wrestling.

Verbote sind keine Lösung

Verbote von gewalthaltigen Videospielen sind, meiner Meinung nach, keine sinnvolle Lösung, da sie die eigentlichen Probleme nicht adressieren. Es ist wichtig, auf Aufklärungsarbeit und Präventionsmaßnahmen zu setzen, um Amokläufe in Zukunft zu verhindern.

So spielen andere Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von Gewaltbereitschaft: Soziale Probleme, familiäre Umstände, psychische Erkrankungen und die Verfügbarkeit von Waffen sind nur einige Beispiele. Es ist daher unverantwortlich und unlogisch, die alleinige Schuld auf Shooter zu schieben. Es gibt keinen Grund, Angst vor Ego-Shootern zu haben. Sie sind Unterhaltungsmedien wie viele andere.

Was mich an der Killerspielthematik besonders ärgert, ist die Ignoranz der positiven Aspekte von Shootern. Sie unterhalten einfach gut und wie beim Film muss man nicht alles für bare Münze nehmen. Sie können tatsächlich für Entspannung und für Stressabbau bei den Spielern sorgen. Shooter-Spiele trainieren zudem die Hand-Auge-Koordination (das geht aber natürlich auch mit anderen, weniger aggressiven Spielen) und das Reaktionsvermögen wird verbessert.

Kunstfreiheit in Spielen

Ein stiefmütterlich behandeltes Thema. Während Filme und Serien in Deutschland der Kunstfreiheit unterliegen und somit eine breite Palette an Themen und Inhalten abdecken können, fristet die Kunstfreiheit in Spielen ein stiefmütterliches Dasein. Dies ist paradox, da Spiele oft eine größere immersive Kraft besitzen und somit auf einer tieferen Ebene mit dem Spieler interagieren können. Die emotionale Bindung an Spielcharaktere und Geschichten kann in Spielen deutlich stärker sein als in Filmen oder Serien.

Wie ihr seht, haben Shooter auch jede Menge positiven Einfluss auf die Spielenden. Dennoch werden Spiele häufig auf ihre gewalttätigen Inhalte reduziert und in die Schublade der Killerspiele gesteckt. Die Debatte um die Auswirkungen von Gewalt in Spielen ist festgefahren und ignoriert dabei die vielfältigen anderen Themen und Genres, die in der Spielewelt abgebildet werden.

Ich finde: Spiele sollten nicht länger als bloße Unterhaltungsprodukte betrachtet werden, sondern als ernstzunehmende Kunstform mit dem Potenzial, wichtige Themen unserer Zeit zu reflektieren.

Überall hinschauen, nicht nur auf die bösen Shooter

Games sind ein gern genommener Sündenbock, denn Verbieten ist einfacher als viele der wirklich zugrunde liegenden Probleme hinter Gewaltbereitschaft anzugehen: Armut, soziale Ungleichheit, fehlende Bildung und mangelnde Perspektiven für junge Menschen, um nur einige zu nennen. Ich denke: Nur durch eine umfassende Betrachtung und gezielte Maßnahmen kann man die Gesellschaft wirklich sicherer machen.

Die Killerspiel-Debatte ist ein Paradebeispiel für Sündenbock-Mentalität und populistische Stimmungsmache. Anstatt die wahren Ursachen von Gewalt zu bekämpfen, lenkt man die Aufmerksamkeit auf ein vermeintlich leichtes Ziel: Videospiele. Diese Scheinlösungen bringen jedoch nichts und stigmatisieren Millionen von Spielern, die einfach nur ihrem Hobby nachgehen.

Darf das Nachspielen von Krieg Spaß machen? Ich finde Ja, denn hier wird niemand verletzt und die Spiele können die vorhin erwähnten positiven Effekte auf uns und unser Gemüt haben. Und da das alles nur der Unterhaltung dient und keiner dazu gezwungen wird, ganz anders als im echten Kriegen.

Die mediale Berichterstattung über Amokläufe und Gewaltverbrechen, die mit Shootern in Verbindung gebracht werden, ist oft überdramatisiert und es wird nicht auf die familiäre Lage des Täters eingegangen, was meist eine große Rolle spielt. Einfach alles Shootern in die Schuhe zu schieben, ist falsch. Deswegen würde ich mir von der Medienberichterstattung folgendes wünschen:

  1. Vermeidung von Sensationslust
  • Keine reißerischen Schlagzeilen oder Bilder, die die Gewalt verherrlichen.
  1. Sachliche und differenzierte Berichterstattung
  • Einordnung der Tat in einen größeren Kontext, ohne Nachahmungstaten zu fördern
  • Darstellung der komplexen Ursachen von Amokläufen, ohne die alleinige Schuld auf Videospiele zu schieben.
  • Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und richtiger Expertenmeinungen, also Leute, die selbst schon mal Shooter gespielt haben und sich damit auskennen, beispielsweise Gaming-Journalisten oder Entwickler und keine Politiker, die Videospiele für politische Zwecke instrumentalisieren möchten, um ihre eigene Agenda zu verfolgen, Lobbyisten der Waffenindustrie, die versuchen, die Debatte über Waffengewalt von sich abzulenken oder Experten, die noch nie selbst einen Shooter gespielt haben.
  1. Sensibler Umgang mit den Opfern und Hinterbliebenen
  • Wahrung der Privatsphäre der Opfer und ihrer Familien.
  • Vermeidung von voyeuristischen Berichten über die Tat.
  • Anbieten von psychologischer Unterstützung für Betroffene.
  1. Förderung einer konstruktiven Diskussion
  • Einbeziehung von Experten und der Zivilgesellschaft in die Debatte.
  • Fokus auf Präventionsmaßnahmen und lösungsorientierte Ansätze.
  • Vermeidung von politischer Instrumentalisierung der Tragödie, wie Überdramatisierung und Sensationslust, reißerische Schlagzeilen und Bilder oder gefühlsbetonte Sprache und Musik. Hier ein paar negativ Beispiele:
    • „Killerspiele: Brutale Ballerspiele im Visier der Politik“ (Frontal 21, 2019)
    • „Computerspiele: Amoklauf-Simulator im Kinderzimmer?“ (Frontal 21, 2018)
    • „Die Spieleindustrie verdient Milliarden mit der Verherrlichung von Gewalt.“
  • Keine Verallgemeinerungen und Pauschalisierungen mit Blick auf Ego-Shooter, wie „Alle Ego-Shooter sind gewalttätig und fördern Aggressionen.“ oder „Shooter-Spiele sind eine Brutstätte für Amokläufer.“

5. Ignorieren von wissenschaftlichen Erkenntnissen

  • Die Behauptung, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen Shootern und Amokläufen gibt, ist wissenschaftlich nicht belegt.
  • Es gibt viele andere Faktoren, die zu Amokläufen beitragen, wie z.B. psychische Probleme, soziale Isolation oder Gewalteinwirkung in der Familie

Es ist an der Zeit, die Killerspielthematik endlich sachlich und nüchtern zu diskutieren. Statt pauschaler Vorurteile und Verurteilungen sollten wir uns auf die tatsächlichen Probleme hinter Gewaltbereitschaft konzentrieren und konstruktive Lösungen suchen.

Lasst uns die Shooter-Keule begraben und stattdessen für eine Gesellschaft kämpfen, in der alle Menschen friedlich und sicher leben können.

Bildquelle: gamesucht.com