„Immer nur vor dem Bildschirm! So etwas gab es bei uns früher nicht!“ So klingt ein Hilfeschrei einer besorgten Mutter, welche kläglich versucht ihre Kinder dazu zu motivieren, das Smartphone gegen einen Tag mit Mama und Papa in der wunderschönen Natur einzutauschen. Doch die Kinder werden sie nicht verstehen, denn sie sprechen schon längst nicht mehr ihre Sprache. Sie sind digital Natives, die Eingeborenen der digitalen Welt mit der Muttersprache Technik. So sieht es zumindest Marc Prensky, der die Idee des digital Natives konkretisierte und aufschrieb. In seiner Arbeit von 2001 spricht der Autor und Redner von der natürlichen Entwicklung zu einem Menschen, welcher nicht lernt mit Technik umzugehen, sondern diese Fähigkeit schon in die Wiege gelegt bekommt.
„Our students today are all “native speakers” of the digital language ofcomputers, video games and theInternet.“ (¹)
Im Kontrast zu dieser neuen Generation von technikaffinen Mädels und Buben gibt es auch immer noch Menschen, die nicht vor der Glotze im ominösen „Neuland“ aufwuchsen. Diese werden von ihm liebevoll als digital Immigrants betitelt. Also quasi Einwanderer im neuen, digitalen Zeitalter. Sie werden niemals genauso mit der Technik umgehen wie die digital Natives, da sie den Umgang erst lernen mussten. Das Lernen der neuen Sprache führt laut Prensky zu einer Art digitalem Aktzent/Slang, durch den der Unterschied vom „Zuwanderer“ zum Eingeborenen für immer deutlich bleibt.
Das 2-Schubladen-Denken dieser Theorie ist äußerst plakativ und lässt sich nicht wirklich auf den kompletten digitalen Bereich übertragen. Kinder, also für Prensky digital Natives, müssen trotz ihres selbstbewussten Umgang mit der neuen Welt langsam an sie herangeführt werden. Es lässt sich vielleicht mit dem klettern vergleichen: Wenn ein Kind einen Baum sieht, möchte es intuitiv hinauf klettern und ist so wendig, dass es ziemlich schnell ziemlich hoch klettern kann. Auf dem Weg lauern aber gefährliche Stellen an denen das Kind nicht weiß, was es machen soll. An diesen Stellen braucht es Hilfe. Jemanden mit Erfahrung und Wissen, der dem Kind weiterhelfen kann, sodass es schneller und ohne Gefahr alle Probleme lösen kann und Ziele schneller erreicht. Diese Mentoren braucht es auch für die neue Generationen in der digitalen Welt, welche nicht mehr auf Bäume klettert, aber sich zum Beispiel in Social Networks die Zeit vertreiben. Das Wort der Stunde ist Medienkompetenz. Medienkompetenz umfasst einen selbstbestimmten und sicheren Umgang mit Medien. Die Bildung dieser Kompetenzen ist ein wichtiger und viel zu sehr unterschätzter Bereich in der heutigen Zeit.
Auch wenn das knorke Cyberspace nicht die Welt des digital Immigrants ist, so ist es doch seine Aufgabe, die digital Natives bei den ersten Schritten zu begleiten. Er kann seine Grundkompetenzen aus seinem normalen Leben auf die digitale Welt übertragen um die Frage und Probleme des digital Natives zu beseitigen. Im Gegenzug erfährt er mehr über den digital Immigrant und seine Welt. Nur dieser gegenseitige Lernprozess kann zum Ziel führen!
Also wenn nun wieder ein digital Immigrant versucht euch aus eurem natürlichen Lebensraum zu locken, packt ihn bei den Smartphones und erforscht mit ihm zusammen die schöne, neue Welt.
¹: http://www.marcprensky.com/ (.pdf)
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