„Where’s Wanda“ ist die erste Apple-TV-Plus-Produktion aus Deutschland. Der Dienst legt wie kein anderer die Qualitätsmesslatte hoch an. Ich dachte nach dem Trailer: „Oh mein Gott, das wird wieder so eine typische, deutsche Comedy-Serie.“ Und mein Gott, habe ich mich geirrt.
Ich habe befürchtet, dass die Serie wieder typische, deutsche Krimi- und Comedy-Klischees auffährt, klischeehaftes Casting und Charakterwriting ohne viel Tiefe liefert, dass wieder alles so vorhersehbar ist und auch der Humor wieder sehr deutsch wird. Zumindest in der ersten Folge sah ich das noch so. Doch „Where’s Wanda?“ ist eine Serie, die zwar typische, deutsche Elemente hat, aber dann doch anders wirkt in bestimmten Punkten.
„Where’s Wanda?“ erzählt uns von Wanda, die seit über 80 Tagen verschwunden ist, weshalb ihre Eltern, gespielt von Heike Mackatsch und Axel Stein, entscheiden, selbst auf die Suche zu gehen. Denn sie glauben nicht mehr daran, dass die Polizei das hinbekommt und es heißt, dass nach 100 Tagen des Verschwindens die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass man sie wiederfindet. Fortan sehen wir in der Serie also dabei zu, wie Wandas Eltern im Grunde beginnen, selbst zum Detektiv zu werden, selbst ihre Kleinstadt zu überwachen und dabei immer mehr Geheimnisse ihrer Nachbarn offenbaren. Sie sind überzeugt, dass Wanda in einem der Häuser gefangengehalten wird; und plötzlich wirken alle verdächtig. Jeder ist eine Gefahr und diese Prämisse ist eine große Stärke der Serie. „Where’s Wanda?“ beginnt dabei wie ein klassisches Entführungsdrama, aber spätestens wenn klar wird, dass das entführte Mädchen die Off-Stimme gibt, zeigt sich, dass dies kein typisch deutscher Krimi wird.
Schnell wird daraus dann eine schwarzhumorige Gesellschaftssatire, inklusive Zeitsprünge und allwissende Erzählerin. Sehr gekonnt spielt man dabei mit Krimiklischees für Gags, aber auch die Erwartungshaltung des von zu vielen TV-Krimis verdorbenen Publikums wird unterwandert. Das gelingt in „Where’s Wanda“ erstaunlich gut, weil man es einerseits immer wieder schafft, ruhige und emotional wirksame Momente einzuweben und dadurch die Verzweiflung glaubhaft zu machen, aber auch weil die Geschichte vor so vielen Ideen sprüht, auf die man wirklich erstmal kommen muss. Der schwarze Humor ist ein weiteres Highlight der Serie. Die absurden Situationen und die sarkastischen Dialoge lockern die düstere Stimmung auf und sorgen für einige Lacher.
Sprich: Die erste deutsche Apple-TV+-Show ist gewöhnungsbedürftig anders, auf eine gute Weise, vor allem aber ziemlich unterhaltsam, und das, trotz typischer, deutscher TV-Klischees, ohne den Fremdschamfaktor, der so oft bei deutschen Titeln mitschwingt. Die acht Folgen sind jeweils inhaltlich, wie auch dem Titel nach, einer der Familien aus dem Dorf gewidmet, was für reichlich Abwechslung sorgt.
Die Serie liefert unglaublich viele emotionale Momente und ich würde sogar sagen, dass die Stärke der Serie in diesen emotionalen, aber auch, sagen wir, krimi-lastigeren Momenten glänzt. Der Humor ist okay, manchmal etwas übertrieben, manchmal solide. Die Emotionen und der Drama-Faktor funktionieren immer dann, wenn es darum geht, uns noch tiefer in die Gedankenwelt beider Eltern mitzunehmen. Die Mutter, die einfach nur noch verzweifelt ist und Wutausbrüche wegen dem Verschwinden ihrer Tochter hat und ihr Mann, der sich wie ein Nichtsnutz fühlt. Dies zu verfolgen und erzählt zu bekommen macht Spaß.
Fazit:
„Where is Wanda?“ ist eine gelungene und gut umgesetzte Mischung aus Thriller, Drama und schwarzer Komödie. Die Serie überzeugt durch ihre spannende Handlung, die einen von Folge zu Folge neugieriger macht. Nur die Charaktere sind mir etwas zu klischeehaft, wie zum Beispiel Ole als typischer Nerd, und der Humor ist etwas überzogen.
Bildquelle: apple.com
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