„Du bist am Anfang des Konfliktes aus deiner Heimatstadt Aleppo nach Damascus geflüchtet. Du sehnst dich nach einem Ende des Krieges.“
Ein möglicher Anfang in ein Spiel, welches nicht unterhalten will. Ein Spiel ohne klares Ende.
Two Billion Miles – Das ist ungefähr die Strecke, welche Flüchtlinge zusammengerechnet 2015 zurückgelegt haben, um vor Terror und Krieg zu fliehen. Hinter dieser Strecke stecken 725 000 Gesichter und Geschichten.
Der amerikanische Fernsehsender Channel 4 hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Geschichten für die westliche Welt greifbarer zu machen. In dem Serious Game Two Billion Miles bekommt man die Möglichkeit, sich durch eigene Entscheidungen den Weg aus dem Krisengebieten zu bahnen. Durch Momentaufnahmen, Interviews und Texte werden einem die erschreckenden Umstände, in denen man sich befindet, nahe gebracht. Gleich zu Anfang wird die eigene Rolle und das Setting, in dem man sich befindet, erklärt und schon steckt man mitten im Konflikt – vor allem mit sich selbst. Einem wird klar gemacht, dass man fliehen muss. Aber wie? Die Entscheidung liegt beim Spieler. Und die Entscheidung hat auch direkte Auswirkungen auf die Geschichte. So schlägt man sich von Land zu Land und von Notunterkunft zu Notunterkunft und merkt, wie der Entfernungszähler (natürlich gemessen in Meilen) gnadenlos mitläuft. Man steht immer wieder vor Fragen wie: „Wenn ich den teuren Zug nehme, habe ich eine hohe Wahrscheinlichkeit sicher zu fliehen, aber ich bräuchte dafür noch Geld von meiner Familie, die im Krisengebiet zurückbleiben musste und schon selbst zu wenig hat. Was tue ich?“ Diese Entscheidungen begleiten einen, bis man schließlich das Ende der eigenen Reise erreicht.
Two Billion Miles versucht die Geschehnisse so einfach und verständlich wie möglich zu vermitteln, wodurch Faktoren wie Geld zwar erwähnt aber leider nicht weiter beachtet werden. Dass jede Geschichte ihr individuelles Ende findet, bleibt hier auch eine Illusion. Es gibt ein paar festgelegte Endpunkte, welche auch scheinbar die vorhergehende Reise nicht wirklich berücksichtigen. Trotzdem lassen sich Probleme, Entscheidungen und deren Folgen in dem Prozess des Flüchtens besser nachvollziehen. Es ist definitiv einen Blick wert, zumal eine „Simulation“ auch nicht länger als maximal 10 Minuten dauert.
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