Anno 2205: Wettbauen zum Mond!

Am 03.11.2015 war es dann endlich soweit. Vier Jahre hat der Strategie-Titel „Anno 2205“ auf sich warten lassen. Das deutsche Entwicklerstudio „Blue Byte Mainz“ (früher Related Designs) schickt damit den nächsten futuristischen Aufbau-Simulator ins Rennen. Die Spieler stellen aufgrund dieser langen Wartezeit natürlich gewisse Erwartungen an den offiziellen Nachfolger von Anno 2070, das 2011 ebenfalls im November veröffentlicht wurde. Ob diese nun von den treuesten wie auch neuen Strategie-Freunden und „ANNOholics“ als erfüllt angesehen werden können, werde ich im Folgenden beurteilen.

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Die in dem Gamescom-Bericht bereits angesprochenen Eigenschaften des neuen Anno lassen sich selbst unter genauerer Lupe bestätigen. Eine grundlegend neue und ins Auge fallende Grafik-Engine begrüßt den Spieler in einer hellen und farbenfrohen Inselwelt, die man sich zunächst aber erstmal aussuchen muss. Mit Start der Kampagne, die anders als zuvor eher ein Einstiegstutorial für das übergehende Endlosspiel ist, muss der Spieler sich für eine Inselwelt entscheiden. Dabei wird direkt Wert auf Bodenressourcen, Baufläche und eine bestimmte Quest gelegt. Diese Projekte verlangen meist den Abschluss eines aufwändigen Gebäudes, ein umweltschützendes Projekt oder die komplexe Erschließung wertvoller Ressourcen und begleiten einen in der Inselwelt die gesamte Zeit, bis sie abgeschlossen sind. In jedem Falle lohnen sich die Nebenquests, da sie entweder wirtschaftliche, logistische oder technologische Vorteile verleihen. Das allgemeine Ziel der Kampagne geht in gewisser Weise auch mit dem Ziel eines jeden Anno-Spielers einher.

Expandieren, expandieren, wirtschaftlich aufsteigen und natürlich… expandieren. Dieses Ziel lässt sich an der Größe der eigenen Firma wiederfinden. Ebenfalls ein neues Feature des Strategiespiels. Wirtschaftlicher Aufschwung = größere Firma = mehr Einfluss = wirtschaftlicher Aufschwung. Wer dieses Prinzip durchblickt, sollte schnell zurechtkommen. Monoton und simpel ist dieser Weg jedoch auch wieder nicht. Nicht wie zuvor regelt man eine gute Bilanz durch Überbevölkerung, die die ganze Inselfläche bedeckt, sondern investiert an den richtigen Stellen. Effizienz ist das A und O des neuen Annos. Nicht etwa 50 Reisfarmen hintereinander, sondern individuelle Optimierung ist der Schlüssel. Der konventionelle Weg bleibt jedoch noch immer eine gute Alternative. Nicht zu selten beschwerten sich besonders Anno-Einsteiger über ein viel zu komplexes und großes Register an Bauoptionen in den bisherigen Teilen. Diese sind zwar auch noch im neuen Anno gegeben, sind aber komplett optional. Wer also nicht den energiesparenden Geothermikgenerator in der kleinen Größe anbauen will, der muss das auch nicht. Diese Elemente sind nicht fundamental für den Spielerfolg/spaß, sondern gewähren lediglich allen Strategiespielinteressierten und Schönbauern weitere Optionen.

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Zurück zur Kampagne: Einmal die Inselwelt ausgewählt, errichtet man wie in jedem Anno vorerst seine eigene kleine Siedlung. Die persönliche Beraterin Sam Beaumont stellt einem die gesamte Zeit über gewisse Forderungen und gibt Tipps am Rande, wenn z.B. mal gerade die Energiezufuhr nicht passt. Haben wir uns erstmal eingerichtet und schon erste Eindrücke bei internationalen… ähm ich meine natürlich orbitalen Firmen hinterlassen, wird man in die Arktis geschickt, um dort natürlich zu expandieren. Die neue Inselwelt schafft dann wieder komplett andere Baumaßnahmen, wie man sie zuvor von keinem Anno kannte. Industrie- und Wohngebiete gehören laut einem polarisierten Stadtbild klar auseinander. In diesem Falle muss man jedoch seine Wohnhäuser in Nähe der Fabriken setzen, weil es nur dort warm genug ist. Mitdenken ist also erforderlich. Wie bei jeder Kampagne gibt es jedoch auch einen Bösen, mit dem wir nun das erste Mal in Kontakt treten dürfen. Die „Orbital Watch“ eine internat… orbitale Terrororganisation zerstört einen wichtigen Klima-Erhaltungs-Komplex, den wir retten müssen.

Das nun aber wahrlich Revolutionäre dabei ist die Ausführung militärischer Akte. Dies geschieht nämlich ausschließlich in anderen Inselwelten. Kein Bangen mehr also für die kriegsscheuen Anno-Spieler, dass der Böse einem das teure Schiff kaputt machen könnte. Nur wer möchte nimmt die militärischen Außeneinsätze an. Ein Bruchteil dieser Einsätze ist dabei von der Kampagne vorgegeben. Wer sich aber trotzdem auf das Abenteuer einlässt, wird mit seltenen Rohstoffen belohnt, die wiederum sonst teure Optimierungen von Fabriken zulassen.

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Nach diesem Kapitel beginnt dann nun endlich die ersehnte Besiedlung des Mondes. Das wahrscheinlich größte Werbemittel des neuen Anno-Titels kommt auch bei eigener Spielerfahrung so faszinierend wie im Trailer rüber. Industrielle Einrichtungen, die man dort platziert, sind schon genaueres Hingucken wert. Aber Vorsicht! Der Mond ist teuer und zwar verdammt teuer. Wer nicht aufpasst, hat sein gesamtes Eigenkapital mit zwei Schildgeneratoren und einer Mondeismine verbraucht. Umso wichtiger wird die wirtschaftliche Unterstützung der Erde. Routen in alle Inselwelten, die man nun in Echtzeit gleichzeitig nutzen kann, bringen nötige Waren, die für die Region exklusiv sind und der Verkauf teurer Ware kann schon mal die eigene Bilanz retten.

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Der weitere Verlauf stellt einen vor neue logistische und militärische Hürden, die es zu bewältigen gilt. Die Orbital Watch bleibt der Böse und wir versuchen unsere Firma zu einem wirtschaftlichem Imperium auszubauen.

Spätestens jetzt sollte die Nachricht „Kritische Spielzeit erreicht: Pause empfohlen“ erscheinen, die auch noch mehrere Male aufploppen wird. Da es immer Verbesserungen und Neuerschließungen gibt, kommt selbst nach längerer Spielzeit keine Langeweile sondern eher mehr Interesse auf. Wer ein Bauprojekt abschließt wird direkt mit noch mehr möglichen Aufgaben begrüßt.

Abgesehen vom Gameplay hat das Spiel wie gesagt auch grafisch was zu bieten. Leider werden einem die Hardware-Mindestanforderungen sehr schnell bewusst. Am Anfang noch mit 60fps durch die Landschaft fliegend, erleidet man bei Kameraschwenkungen in Großstädten 10-30 fps, was den Spielspaß klar einschränken kann. Geringere Einstellungen oder Aufrüsten sind also die einzigen Alternativen. Jedoch muss man sagen, dass Anno 2205 selbst auf niedrigen Einstellungen noch immer fabelhaft aussieht. Wer mit seinem Rechner, der auch Anno 1404 nur gerade so gepackt hat, nun Anno 2205 ausprobieren will, dem sei von einem Kauf abzuraten.

Gameplay und Grafik hinterlassen im Gesamtüberblick jedoch eine deutlich überzeugende Bewertung – nicht nur für einen „ANNOholic“ sondern auch für jeden anderen Anno-Einsteiger. Wer hardwaretechnisch mithalten kann und bereit ist, eine Summe von aktuell 60$ zu opfern, sollte auf jeden Fall zuschlagen. Schließlich ist mit diesem Strategiespiel langanhaltender Spielspaß garantiert, der sich in mancher Zukunft vielleicht auch noch mit Freunden im Multiplayermodus teilen ließ.

PS: Mondsiedler sind nicht so kleinlich, wenn es um die Bedürfnisse geht.

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Josef Hauss